Ein Vitamin-D3 Mangel ist in Deutschland in der Bevölkerung sehr häufig. Die Kenntnis und damit die Bestimmung des eigenen Vitamin-D3 Wertes kann je nach Alter und Risikogruppe sinnvoll sein. Zur Beurteilung des Vitamin-D3 Status im Blut wird im allgemeinen die Bestimmung von 25-Hydroxivitamin-D3 (Calcidiol) empfohlen.

Die gezielte Einnahme von Vitamin-D3 gilt in der öffentlichen Wahrnehmung bislang als „Wunderwaffe und Lifestyle-Medikament“. Die aktuelle Datenlage scheint diesen Ruf jedoch nicht allgemein zu bestätigen. Der Effekt der Einnahme von Vitamin-D3 wird bei Gesunden bislang eher überschätzt. Positive Effekte sind aber z.B. im Bereich der Autoimmunerkrankungen durchaus beschrieben.

Wichtig ist jedoch zu betonen, dass in speziellen Risikogruppen (z.B. ältere Menschen), Knochenbrüche und Stürze mit hoher Beweiskraft durch die Einnahme von Vitamin-D3 verhindert werden können. Ein Vitamin-D3 Mangel sowie eine ggf. notwendige Substitution sollte daher immer mit Ihrem/Ihrer behandelnden Arzt/Ärztin besprochen werden. Eine generelle Einnahme von Vitamin-D3 als „Lifestyle-Medikament“, ohne Kenntnis der Werte und ohne ärztliche Rücksprache, kann nicht empfohlen werden.

Was ist bekannt?

Das fettlösliche Vitamin-D3 wird zu 80–90 % in der Haut unter UV-B Strahlung gebildet. Mit zunehmendem Alter sinkt die Fähigkeit der Haut zur Bildung von Vitamin-D3 auf nur noch ca. 25 % im Vergleich zu 20-jährigen. Das in der Haut gebildete Vitamin-D3 wird in der Leber als Speicherform zu 25-Hydroxyvitamin-D3 (Calcidiol) umgewandelt. Die Messung von 25-Hydroxyvitamin-D3 im Blut dient daher der Beurteilung der mittel- und langfristigen Versorgung. Erst in der Niere wird das 25-Hydroxyvitamin-D3 in seine biologisch aktive Form, das 1,25-Dihydroxyvitamin-D3 (Calcitriol) überführt. Eine Messung des aktiven Calcitriols ist bei Nierengesunden oder nicht an den Nebenschilddrüsen erkrankten/operierten Personen meistens nicht indiziert. Eine ärztliche angeordnete bzw. überwachte Einnahme von Vitamin-D3 kann die verminderte Fähigkeit zur Bildung im Alter ergänzen.

Vitamin-D3 Mangel:

In Deutschland leiden zwischen November und April 25 % der Bevölkerung an einem schweren Vitamin-D3 Mangel. Im Februar und März betrifft dies sogar mehr als 50 % der Bevölkerung. Ein hohes Risiko für einen Mangel haben Personen höheren Alters oder Personen, die sich bei Sonnenschein kaum oder nur mit bedecktem Körper im Freien aufhalten bzw. Personen mit dunkler Hautfarbe.

Wie kann man niedrigen Vitamin-D3 Werten entgegenwirken?

Der Bedarf an Vitamin-D3 wird mit 20 µg pro Tag, was ca. 800 IE Vitamin-D3 entspricht, angegeben. Wie zuvor erläutert übernimmt die Haut einen großen Teil dieser Bildung. Der fehlende restliche Anteil wird in der Regel über die Nahrung zugeführt. Hohe Mengen an Vitamin-D3 enthalten z.B. fetter Seefisch, bestimmte Innereien (z.B. Lebertran), Speisepilze sowie Eier, die in Deutschland nur selten in größeren Mengen gegessen werden. Bei niedrigen Spiegeln kann ggf. die Substitution mit Nahrungsergänzungsmitteln erfolgen, wobei eine Überdosierung zu vermeiden ist. Die tägliche Sonneneinstrahlung sollte ¼ der Körperoberfläche (z.B. Gesicht, Hände, Arme und Teile der Beine) betreffen und variiert je nach Hauttyp, Jahreszeit und Uhrzeit. Die empfohlenen Zeiten liegen je nach Jahreszeit und Hauttyp zwischen 5 und 25 Minuten Sonnenlicht pro Tag in der Mittagszeit. In den Wintermonaten ist in Deutschland eine ausreichende Bildung durch die Sonneneinstrahlung in der Regel nicht möglich.

Symptome bei Vitamin-D3 Mangel:

Die Symptome eines Vitamin-D3 Mangels sind eher unspezifisch. Es können diffuse Knochen- und Muskelschmerzen sowie Muskelschwäche oder auch Knochenbrüche auftreten. Zudem sind epileptische Anfälle, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe und eine erhöhte Infektanfälligkeit bei immunmodulatorischen Funktionen des Vitamin-D3 beschrieben.

Risiko Vitamin-D3 Mangel:

Da Vitamin-D3 überall im Körper wichtige Funktionen übernimmt gilt ein Mangel nach aktueller Studienlage möglicherweise als Risikofaktor u.a. für eine Multiple Sklerose, Diabetes Mellitus Typ 1, Fibromyalgie, diverse rheumatische Erkrankungen (Systemischer Lupus Erythematodes) sowie Atemwegsinfekte. Bei älteren Personen ist ein Mangel an Vitamin-D als Risikofaktor für eine Osteoporose bekannt, scheint aber auch als Risikofaktor für eine Parkinsonerkrankung, Tagesmüdigkeit oder Schlafapnoe zu gelten.

Vitamin D-3 Überdosierung:

Vitamin D-3 kann als fettlösliches Vitamin nicht körpereigen ausgeschieden werden. Daher kann es bei der unkontrollierten Einnahme auch zu einer Überdosierung kommen. Eine Überdosierung von Vitamin-D3 kann ebenfalls gefährlich sein und zu erhöhten Kalziumwerten und damit zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen.

Funktionen:

Vitamin D3 spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Kalziumhaushaltes und damit vor allem beim Knochenaufbau. Bei Kindern führt ein Vitamin-D3 Mangel zu Rachitis, bei Erwachsenen zu einer Knochenerweichung (Osteomalazie). Darüber hinaus ist Vitamin D3 an der an der Regulation der Zellteilung und Zelldifferenzierung, der Immunfunktion und der Hormonsekretion beteiligt. Im Folgenden wird gezielt auf den aktuellen wissenschaftlichen Stand bezüglich der Effekte einer Vitamin-D3 Einnahme eingegangen.

Was wissen wir über die Einnahme von Vitamin-D3?

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Nach der aktuellen Studienlage gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Beweise dafür, dass eine Einnahme von Vitamin-D3 bei gesunden Probanden die Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Tod durch Herzinfarkte/Schlaganfälle verringert.

  • Autoimmunerkrankungen

Vitamin-D3 wird allgemein als Modulator des Immunsystems betrachtet. In einer US Studie zeigte sich nach 5,3 Jahren Einnahme von 2000 IE Vitamin-D3/Tag eine signifikante Reduktion des Auftretens von Autoimmunerkrankungen, die nach Beendigung der Einnahme zwei Jahre später nicht mehr nachweisbar war. Zudem gibt es Daten, die bei einer rheumatoiden Arthritis darauf hinweisen, dass Schübe der Erkrankung reduziert werden können. Zusammenfassend gibt es einige positive Daten im Bereich Autoimmunerkrankungen, wissenschaftlich gesicherte Belege für eine klinisch bedeutsame Wirkung stehen jedoch aus.

  • Frakturen/Stürze und Gebrechlichkeit im Alter:

Bei Risikopersonen (z.B. hohes Alter etc.) konnten durch eine angemessene Einnahme von Vitamin-D3 Stürze und Knochenbrüche verhindert werden. Bei gesunden Nichtrisiko-Personen gibt es bislang keinerlei Evidenz, dass die Einnahme von Vitamin-D3 Knochenbrüche, Stürze oder Gebrechlichkeit verhindert kann. Bei Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe für Stürze oder Knochenbrüche, ist eine ärztlich kontrollierte Einnahme in der Regel sinnvoll.

  • Atemwegsinfekte:

Eine Substitution ohne Kenntnis des Vitamin-D3 Spiegels scheint nicht protektiv gegenüber einer SARS-CoV-2-Infektion oder einer anderen Infektion der oberen Atemwege bei Gesunden zu sein. Bei bekanntem Mangel oder Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe ist der Effekt noch nicht wissenschaftlich geklärt und eine Einnahme bleibt eine individuelle Entscheidung, die Sie mit Ihrem behandelnden Arzt treffen sollten.

  • Tumorerkrankungen:

Eine Studie konnte 2014 zeigen, dass ein Mangel an Vitamin-D3 vermutlich nicht mit dem erhöhten Auftreten von Tumorerkrankungen assoziiert ist. Besteht bereits eine Tumorerkrankung kann ein Vitamin-D3 Mangel sich jedoch negativ auf den Verlauf auswirken. Es gibt gute Daten, die zeigen, dass die Krebshäufigkeit durch die Einnahme von Vitamin-D3 nicht vermindert wird, dass jedoch die Sterberate durch Krebserkrankungen um 13% reduziert wird. Das Deutsche Krebsforschungsinstitut hat 2021 daraus errechnet, dass eine Vitamin-D3 Gabe an alle Deutsche > 50 Jahre möglicherweise bis zu 30.000 Todesfälle pro Jahr durch maligne Erkrankungen verhindern könnte, aber keineswegs eine spezifische Krebstherapie ersetzt.

Insgesamt muss aufgrund der neuen Erkenntnisse ein Vitamin D3-Mangel als multiples Gesundheitsrisiko eingestuft werden. Letztendlich kann es individuell Sinn machen, regelmäßig den Vitamin-D3 Spiegel zu bestimmen, um z.B. in den Wintermonaten Mangelzustände durch gesundheitsbewusstes Verhalten zu verhindern oder auch bei entsprechenden Risikofaktoren die Einnahme von Vitamin-D3 in Absprache mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin zu steuern. Die viel beworbenen positiven Effekt von Vitamin-D3 sind streng wissenschaftlich betrachtet in vielen Punkten bislang nicht ausreichend nachgewiesen oder sogar falsch. Eine routinemäßige Einnahme von Vitamin-D3 z.B. durch Nahrungsergänzungsmittel kann daher nicht in jedem Fall empfohlen werden.

Quellen:

  1. Lange, U., N. Schulz, and P. Klemm, Lifestyle-Medikament Vitamin D. Was gibt es an Evidenz? Zeitschrift für Rheumatologie, 2023: p. 1-5.
  2. Keaney, J.F. and C.J. Rosen, VITAL signs for dietary supplementation to prevent cancer and heart disease. N Engl J Med, 2019. 380(1): p. 91-93.
  3. Niedermaier, T., et al., Potential for cost-saving prevention of almost 30,000 cancer deaths per year by vitamin D supplementation of the older adult population in Germany. Molecular Oncology, 2020: p. 1878-0261.12924.
  4. https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/V/Vitamin_D/Vitamin_D_node.html abgerufen am 10.01.2024
  5. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/ abgerufen am 10.01.2024
  6. https://www.mri.bund.de/de/institute/physiologie-und-biochemie-der-ernaehrung/faq-vitamind/ abgerufen am 10.01.2024

Linda Obrist

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